Opheodrys aestivus
Raue Grasnatter
Familie: Nattern (Colubridae)
Die natürlichen Bestände sind stark bedroht und rückläufig. Schon daher sollten keine Wildfänge gekauft werden! Gesunde Nachzuchten sind problemlose Pfleglinge. Bei der Fütterung besteht allerdings die Gefahr gegenseitigen Fressens. Es sind keine Einsteigerschlangen! Angebotene Grasnattern auf Börsen oder Tiergeschäften mit 40cm oder größer sind so gut wie nie echte Nachzuchten. Es gibt keine Zuchtfarmen/Farmzuchten der Art!
Merkmale
Größe: ca. 60-70 cm, max. 1,16m (♀). ♀ insgesamt etwas größer und kräftiger.
Unterarten
- keine - Es ist eine monotypische Art. Opheodrys ist eine monotypische Gattung (Opheodrys aestivus), d.h. es gibt keine weiteren Unterarten (früher 4 Unterarten). Die Glatte Grasnatter, die ihr Verbreitungsgebiet bis Kanada ausdehnt), lebt eher terrestrisch und ist stämmiger. Sie wurde taxonomisch ausgegliedert und repräsentiert nun die Gattung Liochlorophis (zur Terrarienhaltung liegen bislang kaum Berichte vor). Sog. "chinesische Grasnattern", die übrigens ebenfalls saisonabhängig immer wieder importiert und von Händlern auf Börsen angeboten werden, sind als WF ebenfalls sehr hinfällig) gehören der Gattung Cyclophiops an und sind - wie auch afrikanischen Schlangen der Gattung Philothamnus nicht verwandt mit Opheodrys.
Vorkommen/ Habitat
SO-USA, NO-Mexiko
Lebensraum: Feuchthabitate, an Gewässern im Gebüsch, Sümpfe, Feuchtwiesen, Waldränder, arboreal in Büschen und Bäumen
Haltung
Die Haltung der tagaktiven Natter erfolgt in bepflanzten Terrarien (1 x 0,5 x 1 GL) mit vielen Klettermöglichkeiten, Wasserschale, einem Feuchtversteck am Boden und UV-Beleuchtung als Wärmespot (34 °C; Verbrennungsgefahr!) bei tags 23-27 °C, nachts 20-22 °C. Gesunde Nachzuchten sind im Prinzip wie Geckos (z.B. Phelsuma sp.) zu halten und stabil. Empfohlen wird grundsätzlich UV-LIcht, gerne auch ein Sommeraufenthalt draußen im Gazeterrarium. Die Tiere reagieren sehr stark auf natürliches UV im Verhalten. Die Haltung von Opheodrys aestivus ist im Grunde einfach, vorausgesetzt, man hat (gesunde) Nachzuchttiere, Das Terrarium sollte eher hochformatig sein, da die Tiere gerne klettern. Unsere Terrarien mit Grasnattern haben z.B. die Maße 100x50x80. Jungtiere ziehen wir in 30er Würfeln auf. Wie auch bei anderen Reptilien verhalten sich die juvenilen Grasnattern in kleineren Terrarien weniger scheu und gehen auch besser an Futter. Die Tiere sind auch am Bodengrund unterwegs oder graben sich aktiv im Boden ein und bilden Gangsysteme. Als Bodengrund verwenden wir sog. lehmhaltige Anzuchterde (mit möglichst keinem Dünger). Aufgrund der Grabtätigkeiten ist das Substrat teilweise 10-12 cm hoch geschichtet. Steine oder andere schwere Gegenstände sollten bis zur Bodenplatte des Terras reichen, damit keine grabenden Grasnattern erdrückt werden! Wir beleuchten das Terra mit 2 Röhren (2x18Watt) und einzelnen Halogenspots; die Beheizung erfolgt bei uns zusätzlich durch eine Wärmematte, die in erhöhter Lage an der Rückwand außerhalb des Terrariums vertikal befestigt ist. Dort liegen die Tiere auf Kletterpflanzen oder Kork und heizen sich auf. Ein Halogenspot dient als weitere Wärmequelle. Wie bei anderen Schlangen versuchen wir, ein Temperaturgefälle im Terrarium zu erhalten, damit sich die Tiere selbständig ihre Vorzugstemperatur auswählen können. Dies verhält sich ebenso mit der Feuchtigkeit im Terrarium. Gesprüht wird 1-2x am Tag (1-2 Minuten) mit Hilfe einer Beregnungsanlage. Dabei wird aus o.g. Gründen nur ein Teil des Beckens befeuchtet. Von den Temperaturbedingungen vergleichbar ist z.B. die Haltung von Panterophis guttatus (20-27 Grad Celsius), allerdings halten wir unsere Kornnattern trocken. Die Grasnattern werden morgens und mittags gesprüht, da sie nach unseren Beobachtungen fast ausschließlich Sprühwasser (z.B. von den Blättern) trinken. Wichtig ist, dass die Feuchtigkeit bis zum Ausschalten der Beleuchtung und Heizung kondensiert ist, so dass die Tiere bei nächtlicher Abkühlung nicht im Nassen liegen.
Neben einer halbjährlichen Komplettreinigung des Terrariums ergibt sich durch den recht schnellen Stoffwechsel - bedingt durch Insekten als Futtertiere - häufig Reinigungsbedarf. Um die Tiere nicht ständig aus ihrer Umgebung nehmen zu müssen, entferne ich hierfür die obersten Bodenschichten vom Kot und fülle gegebenenfalls neue Erde auf. Auch die Blätter werden regelmäßig vom Kot der Tiere befreit. Die Terrarieneinrichtung wird abgerundet mit einer Wasserschale; die Nutzung durch die Tiere konnte allerdings nie beobachtet werden, außer als Toilette;-). Angaben, wie 1/3 der Terrarienfläche sollte aus Wasser bestehen, sind unsinnig (hier schrieb wohl ein Autor vom anderen ab!?!).
Verhalten
Die tagaktive Raue Grasnatter ist streng arboreal und kaum/ nur sehr selten am Boden (v.a. trächtige ♀). Sie jagt aktiv allerlei Insekten und Spinnen(tiere) und verharrt bei Gefahr ruhig im Gebüsch. Ab einem kritischen Abstand flüchtet sie nach oben (Baumflüchter). Die Tiere verlassen sich auf ihre grüne Tarnfärbung, die sie im Geäst oder im Gras mit ihrer Umgebung verschmelzen lässt. Hat die Schlange den Eindruck, ihre Deckung ist aufgeflogen, beginnt eine panische Flucht. Als Baumflüchter "schießen" die Tiere dann meist nach oben, reißen eventuell noch kurz davor ihr Maul auf. Wir haben nie erlebt, dass eine Grasnatter tatsächlich zugebissen hätte. Wir handlen unsere Tiere nie außer zu Hygienezwecken, wenn es nicht anders geht. Die Tiere begeben sich aber auch auf den Bodengrund, um zu Jagen.
Nahrung
Gefressen werden ca. 3x/Woche mit Multivitamin bestäubte Insekten. Wildfänge oder Schlüpflinge importierter Wildfänge sind sehr hinfällig u. fressen oft nicht (Wachsmottenmaden oder Wolfspinnen anbieten). Insekten, wie z.B. Heimchen, Fliegen, Heuschrecken sind die Hauptnahrung, aber auch Spinnen werden erbeutet... Es wird aktiv gejagt. Wenn man nicht aufpasst, kommt es zu Beißereien unter den Tieren (Futterneid). Dabei kann es passieren, dass sich die Tiere gegenseitig (versehentlich) fressen. Wir bestäuben die Futtertiere regelmäßig mit Multivitaminpulver. Zusätzlich werden zeitweise Heuschrecken gefüttert. Bei der Fütterung kann es mitunter zu wilden Beißereien unter den Tieren kommen. Wir geben die Insekten in einem glattwandigen Gefäß ins Becken, damit nicht so viele Futtertiere ins Terrarium entweichen und die Fütterung etwas kontrolliert bleibt (die Nattern haben immer Futtertiere in diesem Behälter). Heimchen, die nachts im Terrarium umherstreifen, könnten sich auch an schlafenden, tagaktiven Tieren vergreifen. Prophylaktisch lassen wir immer etwas Futter für die Heimchen im Terrarium liegen. Fliegen (keine gefangenen Fliegen, diese sind reinste Bakterienschleudern!) dienen als Zusatzfutter und dienen mehr der körperlichen Ertüchtigung... Man erhält sie als Maden im Anglergeschäft. Wir verfüttern keine Fliegenmaden! Es sollten nur Nachzuchten erworben werden!
Fortpflanzung
Zur Überwinterung wird die Beleuchtung und die Heizung abgeschaltet ("Soft- Überwinterung"), die Tiere werden 2 Wochen vor der Abschaltung nicht mehr gefüttert und verkriechen sich selbständig in dunkle Bereiche (ca. 15/ 16 °C). Nach ca. 4-6 Wochen wird die Umgebungstemperatur wieder schrittweise erhöht. In den Folgewochen können sodann wiederholt Paarungen beobachtet werden. Trächtige Weibchen erkennt man recht deutlich an ihrer gewachsenen Körperfülle. UV-Licht ist vor allem wichtig für Jungtiere und trächtige ♀. Die Gelege umfassen ca. 6 Eier (1-14). Aus den ca. 25 x 12mm langen Eiern schlüpfen bei 26-27 °C nach ca. 51 Tagen 12-25 cm lange Nattern mit ca. 1,6g. Sie sind recht scheu und fressen oft nicht bei Anwesenheit des Pflegers. Wichtig ist ein kleines, ausbruchsicheres Terrarium (z.B. Falltürbecken 30x30x40cm) mit Doppellüftung. Die Art wird zunehmend häufiger in Europa vermehrt. Albinotische Tiere sind bekannt, aber sicher problematisch bzgl. UV-Licht. Herbstgelege sind möglich. Der Aufzuchtbehälter für junge Grasnatter kann sehr schlicht gestaltet sein: 30x30x30/40, dichte (!) Falltürscheibe, 2-seitige Belüftungsfläche, 20Watt- Baumarkt- Halogenlampe, Klettermöglichkeiten (Ast, Pflanze). 1 kleiner umgedrehter Blumentopf, Küchenkrepp als Bodengrund. 1x tägl. (z.B. morgens) sprühen. Keine Bodenheizung!!! Die Lebenserwartung liegt im Terrarium bei ca. 9 Jahren.
Literatur & Links
- Klesius, Yvonne & Thomas, Die Raue Grasnatter - Opheodrys aestivus, Münster, NTV 2010
- Ernst et al, Snakes of the United Snakes and Canada, 2003 (sehr empfehlenswert, in Englisch)
Holfert, T., Zur Fortpflanzung der Rauhen Grasnatter Opheodrys aestivus, Sauria 18 (4), 19-22, Berlin 1996
Paulduro, E., Die Rauhe Grasnatter Opheodrys aestivus, herpetofauna 8, 30- 33, 1980.
Paulduro, E., Erfolgreiche Nachzucht der Rauhen Grasnatter Opheodrys aestivus, herpetofauna 15, Weinheim 1981, 23-25.
Paulduro, E., Krabbe-Paulduro, U., Opheodrys aestivus (LINNAEUS 1766), in: Sauria, Suppl. 14 (1-4): 233-240, Berlin 1992.
Vosjoli, Ph. de, Basic Care of Rough Green Snakes, Santee/ USA 1995